Sein Lebensmotto hat Jesus Christus einmal so auf den Punkt gebracht: „Ich bin nicht gekommen, um mir dienen zu lassen.“ Im Gegenteil: „Ich bin gekommen, um anderen zu dienen und mein Leben hinzugeben!“¹ Diese Haltung hat er auch denjenigen auf die Tagesordnung geschrieben, die ihr Vertrauen auf ihn setzen: „Wer unter euch groß sein will, der soll den anderen dienen; wer unter euch der Erste sein will, der soll euer Diener sein.“
In manchen Beziehungen und aktuellen weltpolitischen Ereignissen bekommen wir traurigen Anschauungsunterricht über die gegenteilige Einstellung: „Nur der Stärkere kommt weiter. Die Mächtigen sagen wo es lang geht. Sie herrschen über die Schwächeren. Sie sichern sich ihre Macht, indem sie die Schwachen schwach halten – notfalls mit Gewalt.“
Jesus dreht den Spieß um. Der Beste, der Stärkere soll seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil nutzen. Sondern mit seinem Know How, seiner Größe sorgt er dafür, dass andere groß gemacht werden, anstatt sie in den Schatten zu stellen.
Das ist Gottes Passion. Sein Herzschlag. Seine Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die ihm Leiden schafft. Weil er in seiner Liebe zu uns Menschen bis zum Äußersten gegangen ist.
Ich las vor einiger Zeit von einem Ereignis, das Menschen auf ihrer Hallig in stürmischen Zeiten getröstet hat:
Im Oktober 1634 wurde die gesamte Nordseeküste von Tondern bis Brunsbüttel von einer Sturmflut heimgesucht.
Die Leute von der Hallig Hooge waren Sturm und Land unter gewöhnt. Sie konnten was aushalten. Nun bekamen sie es aber doch mit der Angst zu tun.
Einmal ist es genug mit der Angst und dem Elend, die regelmäßig mit solchen Fluten verbunden waren. Einmal muss das Leben sicherer sein und andere Perspektiven bieten als nur bis zum nächsten Land unter.
Sie kamen zu der Entscheidung: „Wir geben alles auf. Hier können wir nicht leben.“
Das stand für sie fest draußen in der Nordsee.
Dann fanden sie am Strand ein Kreuz angeschwemmt, erzählt der alte Mann in der Inselkirche. Sie wussten nicht wo es herkam.
Aber es war für sie ein Signal – Auf Hallig Hooge waren sie sich einig:
Wenn Gott hierher zurückkommt und das ganze Elend hier mit uns aushält, dann können auch wir bleiben.
Auch wenn diese Interpretation bei dem angeschwemmten Kreuz etwas eigenwillig ist. Aber was für ein Trost für die Menschen in Not. Zu wissen: Gott hat sich nicht verabschiedet. Er ist bei uns. Dafür steht dieses Kreuz.
Weil Gott sich mit Haut und Haar auf unsere Welt einlässt, lässt es sich hier trotz aller Ungereimtheiten und Unberechenbarkeiten leben.
Das Kreuz war immer ein Zeichen dafür, dass Gott sich nicht zu schade ist, an die äußersten Ränder und tiefsten Abgründe zu begeben. Er lässt sich sogar auf Tod ein. Deshalb kann es auch im Angesicht des Todes Hoffnung geben. Weil es kein gottverlassenes Terrain mehr gibt. Die Liebe Gottes hat das Format des Leidens.
Jochen Klepper hat es so gedichtet: „Gott will im Dunkeln wohnen – und hat es doch erhellt!“ Und damit hat alles Leiden, alle Unsicherheit und bedrohliche Angst nicht den Charakter des Endgültigen.
Leonard Cohen schreibt in einem seiner letzten Lieder folgende Zeile:
„Läute die Glocken, die noch klingen…Da ist ein Riss, ein Riss in allem,
aber dadurch kommt das Licht herein.“
(There is a crack in everything. That’s how the light gets in)
Er selbst hat zu dieser Liedzeile gesagt: „Durch unsere Welt und unser Leben zieht sich ein Riss. Aber durch diesen Riss kommt das Licht zu uns. Dort findet Auferstehung statt, die Umkehr, die Besinnung, in der Konfrontation mit unserer Zerbrechlichkeit.“
Die Karwoche tröstet uns: Keine Dunkelheit ist so endgültig abgeschlossen, dass kein Hoffnungsschimmer mehr durchdringen kann. In jeder dunklen Wirklichkeit, die unausweichlich scheint, gibt es eine Bruchstelle, an der sich die Dinge ändern können.
Ich wünsche Ihnen gesegnete Ostertage!
Ihr Seelsorger
Wolfgang Klimm
¹ Evangelium von Matthäus Kapitel 20 Vers 28
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