Auf einen Espresso mit dem Seelsorger – April

Auf’n Espresso mit dem Seelsorger – April 2025

Würden Sie sich als einen spirituellen Menschen bezeichnen? Oder kennen Sie einen Menschen, den Sie als spirituell bezeichnen würden?

Was ist eigentlich Spiritualität? Wie fühlt sich das an? Muss man dazu in die Kirche gehen und religiös werden? Oder abschalten und sich auf einen esoterischen Trip begeben?

Warum ich mit Ihnen über Spiritualität ins Gespräch kommen möchte? Weil wir im Leitbild der ELIM Diakonie Spiritualität als einen wesentlicher Baustein unserer Arbeit bezeichnen – neben der Wirtschaftlichkeit, der Professionalität und der Persönlichkeitsentwicklung.

Das Wort Spiritualität leitet sich aus dem Lateinischen „Spiritus“ ab. „Spiritus“ – das ist der Geist, der Atem, die Kraft zum Leben.

Deshalb reagieren wir auch sehr stark mit unserem Atem, wenn uns etwas bewegt. Uns bleibt die Luft weg. Uns stockt der Atem. Wir atmen auf. Wir erleben einen „Aha Moment“. Das Leben schenkt uns ein „Wow Erlebnis“.

Soll heißen: Spiritualität gehört zu unserem Menschsein wie unser Herzschlag, das Atmen, Fühlen, Essen und Trinken. Es ist eine Kraft zum Leben. Wir können nicht „nicht spirituell“ sein. Jeder von uns ist spirituell.

Wer hätte das gedacht!

Spiritualität gehört also grundlegend zu unserem Menschsein. Es geht dabei nicht um das „Abschalten“, „Abtauchen“ oder „Ausblenden“ des Alltäglichen.

Sondern Spiritualität heißt: anwesend sein. Bewusst wahrnehmen und hinschauen. Sich verzaubern lassen. Von den Spuren des Lebendigen mitten in unserer Welt. Staunen. Staunen ist der Anfang von allem: Ich lasse mich berühren. Von der Musik, der Schönheit der Welt, den kleinen Gesten. Etwas spricht mich an, lässt mich staunen. Ich bin überwältigt und halte ehrfürchtig inne. Mir bleibt der Mund offen.

Hartmut Rosa beschreibt diese Spiritualität als Resonanz: Wir treten als Menschen in Beziehung zu unserer Welt. Wir reagieren auf das, was uns in unserem Leben begegnet. Wenn wir mit Freunden zusammen sind, oder beim Blick auf eine Landschaft oder beim Hören einer Melodie. Mir begegnet etwas, das Bedeutung für mich hat. Das „zu mir spricht“ bzw. mich anspricht. Vielleicht habe ich die Melodie schon oft gehört, aber jetzt bewegt sie mich innerlich, spricht zu mir. Ich werde berührt, tief drinnen. Und man sieht es mir auch an: meine Miene verwandelt sich, meine Augen leuchten oder füllen sich mit Tränen.

Spiritualität umfasst also alles, was Ihnen und mir wichtig ist. Was unser Herz höher schlagen lässt.

Lassen Sie mich einige dieser unspektakulären „Wow Erlebnisse“ erzählen:

Nach den Weihnachtstagen kam eine Bewohnerin zu mir mit Tränen in den Augen. Sie zeigte mir freudestrahlend eine Karte mit kindlicher Handschrift, die sie zugeschickt bekam. Sie hatte nicht mit Weihnachtspost gerechnet, da sie keine Angehörigen mehr hat. „Stellen Sie sich vor, da hat doch ein Kind mir diese Zeilen zu Weihnachten geschrieben. Ist das nicht toll?“ Und sie strahlte über das ganze Gesicht.¹

In der Wochenzeitung „Die ZEIT“ gibt es eine Rubrik „Was mein Leben reicher macht“. In der aktuellen Ausgabe (13/2025) berichten zwei Leserinnen von ihren Erlebnissen:

„Beim Aufräumen fiel mir Astrid Lindgrens Buch Wir Kinder aus Bullerbü in die Hände. Ich begann zu lesen – und plötzlich war ich wieder Kind: Ich hörte das Lachen von Lisa, Lasse und Bosse, spürte den Sommerwind in den Feldern und roch den Duft des frisch gebackenen Brotes aus der Küche. Dieses Buch hat mich gelehrt, das Glück in kleinen Dingen zu finden.“
Dounia Kabbouch, Offenbach

„Wir ergattern einen Tisch in einem netten kleinen Berliner Café und bestellen »Kalten Hund«. Dann bringt meine Enkelin (vier Jahre) ein Buch aus der Kinderecke zum Vorlesen. Sie kuschelt sich an mich. Ich beginne zu lesen. Nach einiger Zeit fällt mir auf, dass es um uns herum merkwürdig ruhig geworden ist: Alle lauschen der Geschichte.“
Regine Sibilski, Düsseldorf

Ich wünsche Ihnen in dieser vorösterlichen Zeit einige überraschenden „Wow – Momente“ mittendrin in Ihrem Alltag!

Herzliche Grüße!

Wolfgang Klimm

¹ Post mit Herz; Brief Aktion zu Weihnachten

Pastor Wolfgang Klimm

Unser Seelsorger steht allen Bewohnerinnen und Bewohnern, den Angehörigen und Mitarbeitenden unabhängig von ihrer Konfession oder ihrer weltanschaulichen Prägung als Begleiter und Gesprächspartner zur Verfügung.

Nehmen Sie gerne Kontakt auf,
wenn Sie z. B.

  • Lebens- oder Glaubenshilfe suchen,
  • über Ihre Sorgen oder Ängste sprechen möchten,
  • ein Fürbitte- oder Segensgebet wünschen.

Sie sind herzlich zu den regelmäßig stattfindenden Andachten eingeladen.

Kontakt und Terminvereinbarung
mit Pastor Wolfgang Klimm
Telefon: 040 55425-371
E-Mail: klimm@elim-diakonie.de